Vorbildliches Zusammenspiel der Nationen

© Zsófia Jurányi

Ein Jahr und zwei Monate im ewigen Eis der Antarktis – für viele unvorstellbar, für den Stuttgarter IT-Spezialisten Daniel Noll ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Er gehörte zum Winter-Team 2017 der Antarktis-Forschungsstation „Neumayer III“. In einem von den FDP-Stadtgruppen Sillenbuch, Plieningen/Birkach und der liberalen Senioren-Initiative organisierten Vortrag, hat Daniel Noll am 4. Mai 2018 im Augustinum Sillenbuch über seine aufregende Zeit in der Antarktis berichtet.

Es ist einer der ungewöhnlichsten und der wohl kälteste deutsche Arbeitsplatz der Welt. Die Besatzung der 2009 in Betrieb genommenen Forschungsstation aus Wissenschaftlern und Technikern (im Winter neun Personen, im Sommer ca. 50) ist quasi im Dauereinsatz, mit nur wenigen freien Tagen. Dennoch strahlt Daniel Noll über das ganze Gesicht, als er sich durch seine Präsentation aus Informationen, vielen beeindruckenden Bildern und Videos klickt. Gespannt und fasziniert zugleich, lauschen etwa 80 Besucher dem 30-Jährigen. Im Publikum sitzt auch die Stuttgarter FDP-Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny mit ihren beiden Kindern, die in ihrer Begrüßung auf den Europatag hingewiesen hat. „Mit Blick über den Tellerrand sieht man, was für eine großartige Errungenschaft Europa ist. Ein Friedensprojekt, für das wir uns bei vorangegangenen Generationen bedanken müssen. Aber Europa hat auch Reformbedarf, um es auch für künftige Generationen zu sichern.“ Auch FDP-Stadträtin Sibel Yüksel wollte sich die Reise auf den südlichsten Kontinent der Erde nicht entgehen lassen.

© Tim Heitland

Daniel Noll träumte schon als Jugendlicher von einem Leben in der Antarktis. Er studierte an der Universität Stuttgart Elektro- und Informationstechnik, machte nebenher den Berufspilotenschein und bewarb sich dann für die Forschungsstation Neumeyer III. Alle Bewerber müssen ein viermonatiges Training absolvieren. Wissenschaftliche Kenntnisse sowie physische und psychische Eigenschaften in Extremsituationen stehen dabei im Mittelpunkt. Kurz vor Weihnachten 2016 landete er mit seiner Gruppe auf dem Schelfeis, einen halben Kilometer von der Station entfernt. Um diese Zeit ist in der Antarktis Sommer mit Temperaturen zwischen null und minus zehn Grad. An einem Tag, so erzählt Daniel, war sogar mal ein perfekter Sommertag mit plus zwei Grad. Zum Vergleich – im Polarwinter liegen die Temperaturen weit unter minus 40 Grad. Jeder Bewohner der Forschungsstation hat seinen eigenen Aufgabenbereich. Daniel Noll war für Funk, Telefon- und Mailverkehr sowie den gesamten IT-Bereich zuständig. Dazu gehört auch der Austausch zwischen den unterschiedlichen internationalen Forschungsstationen in der Antarktis. Daniel betont, dass es ein durchweg freundschaftliches und hilfsbereites Miteinander der Nationen gewesen sei, ohne auch nur eine Spur von den politischen Grabenkämpfen, die sich manche Nationen liefern.

© Hauke Schulz

Zwei Monate Polartag und zwei Monate Polarnacht. Einmal geht die Sonne nie unter, das andere Mal steigt sie nie über den Horizont. Besonders die Polarnacht hat es Daniel Noll angetan. An diesem Ort, wo es weit und breit keine Lichtverschmutzung gibt, strahlt der Sternenhimmel in seiner vollen Pracht. Direkt über der Neumayer III erstreckt sich die Milchstraße. Stundenlang hätte Daniel in die Tiefen des Universums starren oder das Treiben der Polarlichter bewundern können. Auch die Paarung, Brutzeit und das Schlüpfen von tausenden Pinguinen, waren unvergessliche Erlebnisse. Plötzlich Gelächter im Raum. Daniel Noll zeigt ein Video, in dem die jungen Pinguine das erste Mal ins Wasser springen. Genauer gesagt stürzen sie sich gewollt und auch ungewollt wie Lemminge von einer Eisbergklippe ins Meer.

© Zsófia Jurányi

Nach kurzweiligen 80 Minuten beendet Daniel Noll seinen Vortrag. Bei Wein, Wasser und Butterbrezeln nutzen die Besucher die Möglichkeit mit dem Referenten und den FDP-Mandatsträgern ins Gespräch zu kommen. Für die Kinder gibt es eine Zugabe von Pinguin-Videos. Der Vorsitzende der Stadtgruppe Sillenbuch Knut Krüger ist sichtlich zufrieden: „Wir freuen uns über die rege Teilnahme am Vortrag und danken allen beteiligten Mitgliedern für die tolle Organisation und Hilfe. Wir planen schon jetzt zusammen mit der Stadtgruppe Plieningen/Birkach für Herbst ein neues Event.“