Rede von Regionalrat Armin Serwani in der Regionalversammlung am 18.07.18
Frau Dr. Schelling, Herr Bopp,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
den Wunschzettel haben wir fertig. Jetzt bräuchten wir nur noch den Weihnachtsmann, der uns reich beschert und vielleicht noch eine gute Fee, die da und dort die Widerstände wegzaubert, die sich einer sinnvollen Verkehrsplanung und -politik in der Region entgegenstellen. Ich will das gerne noch einmal betonen: Unsere Fraktion wird dem Regionalverkehrsplan zustimmen, weil wir ihn als Zusammenfassung einer sinnvollen Verkehrsplanung in der Region sehen. Sinnvoll, weil er das Ergebnis einer Interessensabwägung ist. Das ist Aufgabe dieser Regionalversammlung und diese Aufgabe hat sie mit dem Regionalverkehrsplan erfüllt.
Bedauerlich ist allerdings, dass dieser Plan halt ein Plan ist, aber der Verband Region Stuttgart nur eingeschränkte Möglichkeiten hat, seine Erkenntnisse auch umzusetzen.
Diesen Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit will ich an einem Teilziel deutlich machen, dem „Teilziel 8: Stärkung der Zentralen Orte“, in dem davon die Rede ist „die Erreichbarkeit der Innenstadtbereiche im motorisierten Individualverkehr u. a. für Wirtschafts-, Einkaufs-, Erledigungs- und Freizeitverkehre auch zu den Hauptverkehrszeiten möglichst staufrei zu gewährleisten und im öffentlichen Verkehr auf allen Relationen von und zu den zentralen Orten ein attraktives zeitlich angepasstes Angebot u. a. mit dichten Takten, ausreichender Kapazität und kurzen Reisezeiten vorzuhalten.“
Es ist nur ein paar Wochen her, da hatten wir die Chance dazu, zumindest einen Teil dieses Teilziels durch einen mutig-innovativen Schritt zu erreichen. Ich spreche von der VVS-Tarifzonenreform. Wir hätten uns für ein Drei-Zonen-Modell entscheiden können, dem selbst der VVS die höchste Umsteigerrate zugesprochen hat. Das wäre der große Wurf gewesen.
Doch die Mehrheit hat den kleinen Wurf gewählt. Das ist ein Phänomen, das uns in Stuttgart und der Region schon über Jahrzehnte begleitet. Kleine Lösungen, die am Ende nur Probleme bringen. Die Neckar-Alb-Autobahn wurde nicht umgesetzt, weswegen wir heute keinen Ring um Stuttgart haben. Eine Heslacher Tunnelröhre statt zwei macht den Verkehr durch die Stadt auch nicht flüssiger, aber es hat Geld gespart. Wobei der Verkehr natürlich eigentlich auch gar nicht in die Stadt sollte, soweit es sich um Durchgangsverkehr handelt. Dann braucht er aber andere Strecken. Der Filderaufstieg – Fehlanzeige bis heute. Im Kappelbergtunnel sind heute in Spitzenzeiten schon mehr Fahrzeuge unterwegs als durch die Röhre passen. Der Regionalverkehrsplan ist auch deswegen recht dick, weil das nicht die einzigen Probleme sind.
Wir werden den Verkehr, egal ob zu Wasser, zu Lande oder in der Luft nicht wegzaubern können. Nicht einmal, wenn uns die gute Fee zur Hilfe käme, die ich eingangs erwähnt habe. Wir haben einen Wunschzettel, der viele gute Ansätze bietet, wenn es darum geht, mit den Herausforderungen fertig zu werden. Wir sollten uns übrigens auch freuen, dass wir vor Herausforderungen stehen. Denn der neueste Rekordwert von 1,6 Millionen Pkw oder die Rekordzahlen der S-Bahn, die parallel immer weiter steigen, bedeuten auch, dass der Laden hier läuft.
Der Regionalverkehrsplan zeigt Möglichkeiten auf, wie der Laden am Laufen gehalten werden kann. Er deckt aber auch gnadenlos eine Schwäche auf, die der Verband Region Stuttgart an dieser Stelle hat. Er hängt bei der Umsetzung viel zu sehr vom Land oder vom Bund ab. Wir können die Geschäftsstelle, hinsichtlich der zentralen Maßnahmen des Regionalverkehrsplans beauftragen „sich für die zeitnahe Umsetzung der Projekte Dritter einzusetzen“, wie es so schön in der Vorlage heißt. Wir können sie leider nicht beauftragen, den Angesprochenen in den, pardon, Allerwertesten zu treten, wenn’s nicht in unserem Sinne und im Sinne der Region vorangeht.
Wir müssen uns aber auch an die eigene Nase fassen. Wo und wenn wir etwas bewegen können, dann müssen wir den großen Wurf wagen, uns nicht im Klein-Klein verlieren. Die nächste Herausforderung kommt schon auf uns zu, die im Plan steht: „Angebotsverbesserungen im Schienenverkehr (die zum Teil in die Zuständigkeit des Verbandes Region Stuttgart als Aufgabenträger für einen Teil des regionalbedeutsamen Nahverkehrs fallen)“ oder ganz einfach ausgedrückt, wir brauchen mehr S-Bahn-Züge, sogar bei der kleinen Tarifreform wird der jetzige Bestand nicht reichen. Und da sind wir von den hehren Zielen eines Regionalverkehrsplans schon wieder bei den Mühen der regionalen Ebene. Züge kosten Geld, Städte bekommen Geld vom Bund, wenn sie ihren ÖPNV ausbauen. Die Region Stuttgart ist im Zuschussprogramm nicht vorgesehen. CDU und SPD haben schlicht vergessen, dass es so etwas wie die Region Stuttgart gibt. Von unserem grünen stellvertretenden Regionalversammlungspräsidenten ist auch nicht überliefert, dass er bei den Dieselgipfeln darauf hingewiesen hat, dass sein Kollege Bopp oder die Regionaldirektorin in der illusteren Runde fehlen, bei der es um Millionen ging.
Unsere Stuttgarter FDP Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny hakt bei diesem Thema gerade bei der Bundesregierung nach. Eine erste Antwort gibt es schon von Staatssekretär Steffen Bilger. Danach „liegt der Fokus der Förderung auf Kommunen, die durch eine Überschreitung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts betroffen sind. Dies entspricht den Verabredungen zwischen Bundesregierung und Kommunen im Rahmen der zwei Kommunalgipfel im September/November 2017.“ Steffen Bilger wohnt in Ludwigsburg. Der müsste von der Region Stuttgart eigentlich schon mal gehört haben und dass die nicht nur eine Stadt mit Stickoxid-Problem abdeckt, sondern gleich mehrere.