Haushaltsberatungen in Stuttgart: FDP für mehr Service und Personal

Rede unseres Sprechers der FDP-Gemeinderatsgruppe Dr. Matthias Oechsner zum Entwurf des Doppelhaushalts 2018/2019

Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Fezer, sehr geehrte Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Meine sehr geehrten Damen und Herren und Ihr da draußen an den Bildschirmen!


Haushaltsberatungen in der Landeshauptstadt Stuttgart können eine vergnügliche Sache sein, steht die Stadt doch vergleichsmäßig gut da und kann sich so einiges leisten, wovon andere Kommunen nur träumen können. Dies hat mit Sicherheit etwas mit der sparsamen Haushaltsführung der vergangenen Jahre zu tun, aber auch mit den guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich in unserem Umfeld ausgebildet haben.


Stuttgart ist nicht nur von wenigen großen Unternehmen abhängig, sondern hat, vor allem durch seine vielfältigen klein- und mittelständigen Unternehmen, eine solide wirtschaftliche Basis.
Stuttgart ist eine schöne Stadt, eine attraktive und kulturell anspruchsvolle Stadt und wie auch immer das Bild einer lebenswerten Stadt aussieht, scheint es mir so, dass jeder einen Teil seiner ganz eigenen Vorstellungen bereits heute in Stuttgart finden kann.


Der vorliegende Haushaltsentwurf trägt in weiten Teilen dazu bei, die noch verbliebenen Aufgaben anzugehen und manche Mängel zu beseitigen. Das ist unzweifelhaft so, aber dennoch bleibt der Entwurf unseres Erachtens hinter den Möglichkeiten und Notwendigkeiten in einigen, wichtigen Bereichen zurück. Und von daher stimmt es auch was in der Presse stand, dass wir Freien Demokraten durchaus noch Nachbesserungsbedarf zum Haushaltsentwurf sehen. Es sind manchmal viele kleine Zeichen, die zusammengenommen ein großes Bild ergeben. Ein anderes Mal ist es ein großer Knall, der viele kleine Ursachen hat. Manchmal bekommt man große Probleme, ohne die vielen, kleinen Ursachen zu erkennen und ganz selten, leider viel zu selten, erkennt man die Ursache schon vor Auftauchen des Problems.


Wir Freien Demokraten beobachten derartige unterschiedliche Wahrnehmungen schon seit längerem, besonders im Bereich der Personalpolitik der Stadt und haben diese daher zu einem Schwerpunkt unsere Anträge gemacht. Die scheinbar kleinen Mängel im Bereich der internen Verwaltung wie z. B. beim Personalmanagement, der betrieblichen Gesundheitsförderung oder beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement – hier besonders erstaunlich, tragen diese Bereiche doch zur Verminderung von Ausfallzeiten in hohem Maße bei – und ich habe da sicherlich nur die Spitze des Eisbergs genannt – dringen kaum in den Gemeinderat und schon gar nicht in die Stadtbevölkerung.  Anders sieht das bei anderen Ämtern aus, hier fällt es auch den Bürgern negativ auf, wenn zu viele Aufgaben auf zu wenige Schultern verteilt sind.

Wir haben in den letzten Jahren mit unseren Anträgen immer wieder auf die verheerende personelle Lage in Teilen der Verwaltung, z.B. in der Ausländerbehörde und in den Bürgerbüros hingewiesen und rasche Abhilfe beim Personalmangel angemahnt oder sogar verlangt. Es ist in diesem Zusammenhang in keiner Weise akzeptabel, dass die Stadt Mitarbeiter von Ämtern abzieht, um anderswo Löcher in der Personaldecke zu stopfen. Der hohe Krankenstand in der Ausländerbehörde und bei den Bürgerbüros, deren stetig steigenden außerplanmäßigen Schließungen oder Stopps der Vergabe von Wartemarken, was mit Sicherheit auch auf die Überlastung der Mitarbeiter zurückzuführen ist, spricht für sich.


Die Stadt hat eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter. Sie muss in den Bürgerservice investieren – dies nicht nur mit einer angemessenen Personalausstattung, sondern auch im Bereich des eGovernment. Letzteres kann auf die Dauer zu einer Entspannung beim Personalbedarf führen – und betrachtet man die Prognosen den Personalbedarf betreffend in der Zukunft und die verfügbaren Ressourcen, ist es bereits höchste Zeit zu handeln. Dies ist kein Luxus – bei den städtischen Dienstleistungen handelt es sich vielmehr um Pflichten der Stadtverwaltung gegenüber ihren Bürgern. Es kann zudem nicht sein, dass die Verwaltung diesbezüglich immer wieder betont, dass der Arbeitsmarkt leergefegt sei, ohne genug für ihre Attraktivität als Arbeitgeberin – heute und in den nächsten Jahren – zu tun.


Beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt wie auch bei der AWS wurden offensichtlich die Mängel in der Personalausstattung erkannt, hier sollen neue Stellen geschaffen werden, bei ersterem Amt jedoch nicht genug, um die neuen Pläne zum Stadtgrün umzusetzen und anschließend ausreichend zu pflegen. Es stellt sich natürlich die Frage, warum gerade bei diesen Aufgaben so ein starker Ausbau stattfindet. Mag sein, dass die Wirksamkeit dieser Maßnahme in der Öffentlichkeit eine Rolle gespielt hat. Dies ist für uns irrelevant, solange das Ergebnis stimmt und solange in gleichem Maße auch in anderen Ämtern vorgegangen werden würde, wird es aber nicht. Woran aber liegt es, dass es immer wieder zu deutlichen Mängeln in der Personaldecke kommt. Wir sind der Überzeugung, dass dies nicht zuletzt an einer falschen Auslegung des vom Gemeinderat zwar beschlossenen, jedoch nicht zu Ende gedachten Kriteriums 3 – 20% Mehrarbeit – zusammenhängt. Welcher Rahmen bzw. welcher Zeitraum ist hier entscheidend? Der seit den letzten Haushaltsberatungen oder der seit der letzten Stellenschaffung? Wie wird die Vermehrung der anfallenden Arbeit gemessen und insbesondere von wem?

Wir sind der Auffassung, dass die Amtsleitungen sehr gut einschätzen können, ob eine Stellenschaffung angesagt ist oder eben nicht. Wir glauben nicht, dass unser Führungspersonal aus bloßer Willkür Stellenanträge stellt, ohne dass diese mit erweiterten oder neuen Aufgaben hinterlegt wären. Wir sind vielmehr der Ansicht, dass genau die kleineren Einheiten sehr gut wissen „wo genau der Schuh drückt“. Wäre das Gegenteil der Fall, könnten die Amtsleitungen und die einzelnen Ämter dies nicht leisten, dann hätte der Gemeinderat das falsche Führungspersonal auf dieser Ebene ausgewählt!

Wir Freien Demokraten sind keine Anhänger der Zitronentheorie, wir glauben nicht, dass alle Mitarbeiter ausgequetscht werden wie die selbige, aber wir wissen, dass es in einigen Bereichen sehr wohl Personaldefizite gibt, die zu steigender Arbeitsbelastung beitragen, verbunden mit allen negativen Auswirkungen! – steigende Fehlzeiten, steigender Krankenstand, hohe Fluktuation -.
Unter Abwägung aller uns wichtigen Aspekten vernünftiger Personalpolitik und der dazu korrespondierenden Kosten kommen wir daher zu dem Schluss, dass eine Trendwende bei der Stellenschaffung dringend und zwingend notwendig ist und der Gemeinderat auf die Ämter hören und alle Stellen die mit dem Kriterium der Arbeitsvermehrung gestellt wurden auch schaffen muss!

Da bleibe ich noch mal, weils so schön ist, beim Personal. Nein, in dieser Rede werde ich nichts zur U2-Umlage und zur Nachbesetzung im Mutterschutz sagen, auf unserer Agenda steht dies aber immer noch ganz oben und wir werden uns darüber noch genauer unterhalten müssen. Aber zur Fortbildung, da habe ich schon noch was. Neben der auskömmlichen Ausstattung der Ämter mit Personalstellen ist es ebenso wichtig, den Mitarbeitern eine kontinuierliche Fortbildungsmöglichkeit anzubieten, mehr noch, in einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt muss Fortbildung von den Mitarbeitern verlangt und eingefordert werden können. Dies ist selbstredend mit Kosten verbunden, die in einem angemessenen Fortbildungsbudget abgebildet sein müssen, da scheint uns die Forderung das derzeitige Budget auf den Stand von 1999 anzuheben und zwar absolut und nicht pro Kopf, mehr als angemessen.

Ich bleibe jetzt noch ein bisschen bei der Personalpolitik. KW-Vermerke sind ein probates Mittel, um bei der Schaffung von Stellen die zeitliche Beschränkung der Aufgabe abzubilden.
Dies gilt für neue Aufgaben, eindeutig zeitlich begrenzen Aufgaben oder Projekten. Neue Aufgaben müssen bewertet und, bei Bedarf, der Personalschlüssel angepasst werden. Zeitlich begrenzte Aufgaben und Projekte laufen natürlicherweise aus.

Wir Freien Demokraten fragen uns jedoch, warum Stellen mit KW-Vermerk mit befristeten Arbeitsverträgen ausgeschrieben werden müssen. Wir erachten es für zwingend notwendig, den Bewerbern langfristige Perspektiven bei der Landeshauptstadt zu bieten. Die Aufgaben der Stadt steigen ständig und das Umland benötigt ebenfalls gute Verwaltungsmitarbeiter und gewinnt zunehmend an Attraktivität. Wir können es uns einfach nicht leisten durch Befristungen die besten Köpfe zu verlieren oder gar nicht erst zu gewinnen, in einigen Jahren werden wir das büsen müssen. Denn einmal gewonnene Mitarbeiter können innerhalb der Stadtverwaltung mit Sicherheit auch andere Aufgaben übernehmen.

Noch zwei Punkte, die direkt oder indirekt mit den Mitarbeitern zu tun haben möchte ich noch ansprechen.
Zum vergangenen Haushalt hatten wir gefordert, das Anmietbudget pro neu geschaffener Stelle um das Euroäquivalent von 0,9qm anzuheben, das war nach unseren Informationen der durchschnittliche Raumbedarf eines städtischen Mitarbeiters. Die Verwaltung beschied uns damals jedoch, dass dieser Ansatz unpraktikabel sei. Der Gemeinderat folgte dieser Aussage und es wurde nichts beschlossen. Zwei Jahre später hat sich an der Situation jedoch nichts geändert, Mitarbeiter werden zum Teil aus schierem Raummangel nicht eingestellt, zwei oder drei Kollegen müssen sich einen oder zwei Arbeitsplätze teilen. Von den Zuständen bei den Auszubildenden sei hier erst gar nicht die Rede. Zugegebenermaßen ist das Arbeitsplatz-Sharing in Großraumbüros zur Zeit en vogue – zumindest in den Führungsetagen die eigene Arbeitsplätze haben – jedoch gibt es auch bei dieser Arbeitsplatzausgestaltung immer genug Raum für alle Mitarbeiter. Das ist in der Stadt nicht uneingeschränkt der Fall.

Abschließend zu diesem Block möchte ich noch etwas zu unseren Partnern sagen. Ich meine damit zum einen die Freien Träger, die eine ganze Menge an Aufgaben für die Stadt übernehmen, die wenn diese nicht von den Freien Trägern gemacht werden würden von der Stadt übernommen werden müssten. Wir denken, dass es in diesem Zusammenhang nur fair wäre zumindest die Sachkosten auf ein vernünftiges Maß zu erhöhen und fordern dies auch. Zum anderen haben wir die Schulen in privater Trägerschaft im Sinn. 17% der Stuttgarter Schüler gehen auf solche Schulen. Diese Schulen bekommen von der Stadt, von den, durch die Schullastenverordnung geregelten und vom Land zugewiesenen Geldern 45% weitergereicht, 55% bleiben der Stadt erhalten – sicherlich als Verwaltungsanteil. Alleine darüber müsste man sich eigentlich einmal eingehend unterhalten, wollen wir aber dieses Mal gar nicht. Erstaunlicherweise sind es aber nicht nur die 45% nein, diese werden auch noch vom Stand der Schullastenverordnung von 2002, einer 15 Jahre alten Tabelle, die nicht einmal mehr alle Schularten abbildet, berechnet. Ich spare mir die Ausführungen, das muss jedem klar sein, dass das so nicht mehr gehen kann und eine Anpassung längst überfällig ist.

Jetzt haben Sie es geschafft, Personalpolitik zu Ende, und damit 15 unserer 58 Anträge behandelt – plus einer mit Streichungen und da ich ja noch Zeit habe erzähle ich jetzt zu allen verbliebenen Anträgen noch eine kleine Geschichte. Nein, mache ich nicht aber eine Geschichte erzähle ich noch, hat übrigens noch was mit Personal zu tun, aber nur am Rande.
Meine Geschichte handelt vom Friedhof. Am Morgen bevor auf einem Stuttgarter Friedhof ein neues Grab ausgehoben wird und nachdem der Mitarbeiter von Hand und in Schönschrift die Aushänge für die Ankündigungen erstellt und ausgehängt hat, geht dieser Mitarbeiter, mit seiner Digitalkamera, Bilder zur Beweissicherung von den umliegenden Gräbern zu erstellen. Da diese Bilder aber nicht via E-Mail oder vergleichbaren Diensten, in Ermangelung entsprechender Zugänge und Geräten, versendet werden können, nimmt der Mitarbeiter die Speicherkarte und sendet diese via Stadtpost an die Friedhofsverwaltung zum auslesen und ausdrucken. Ich könnte das noch ein wenig ausschmücken aber der Sinn ist klar.

Digitalisierung ist voranzutreiben – nicht nur auf den Friedhöfen, aber eben auch da. In Schulen, Ämtern, im Kontakt zum Bürger, eGovernment und, und, und…. Digitalisierung spart nicht nur Zeit, Digitalisierung spart – und wenn ich mir die beeindruckenden Stapel Papier auf den Tischen so anschaue – auch Papier und auf lange Sicht trägt sie auch zur Verschlankung der Verwaltung bei.

Meine Damen und Herren, wir vermissen im Haushalt die Fortführung einiger bewährter Dinge wie das Einrichten von ein oder zwei Kreisverkehren im Doppelhaushalt, Kreisverkehre tragen zur Verflüssigung des Verkehrs bei und sollten an den geeigneten Stellen auch eingerichtet werden, oder der Ausbau öffentlicher Toilettenanlagen das gehört auch zur Daseinsvorsorge und ist ein Beitrag und Baustein Sauberes Stuttgart. Wir denken es braucht doch etwas mehr Mittel für den Erhalt der Infrastruktur um das Vermögen der Stadt auch zu erhalten und eben nicht einen unnötigen Sanierungsstau zu produzieren. Nach dem nicht gelungenen Versuch die Planung von Park and Ride Plätzen in der Stadt der Region zu überlassen, müssen wir da dringend einsteigen um den ersten Schritt, Verkehr zu vermeiden vor dem Zweiten, Rückbau von Parkplätzen in der Innenstadt zu vollziehen.

Bei unseren Sportanlagen müssen wir Schließungen vorbeugen, daher frühestmöglich in Sanierungsplanungen einsteigen und wir müssen Vereine bestmöglich unterstützen, insbesondere die erfolgreichen wie den TV Cannstatt beim Baseball und wir müssen vernünftig agieren, zum Beispiel beim weiteren Ausbau des Gazi-Stadions anstelle eines auf Sicht zu teuren Provisorium.
Das Ehrenamt im Allgemeinen und die Freiwillige Feuerwehr im Besonderen sollten uns am Herzen liegen, das kostet natürlich alles Geld, ist aber sicherlich gut angelegt.

Letztendlich ist es an der Zeit den Bezirken, Bezirksvorstehern und ihren Beiräten mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, die auch gerechter verteilt werden müssen, damit die Bezirke eigenständiger agieren können, Stadtfeste oder Konzerte fördern, aber auch kleinere Anschaffungen und Reparaturen dezentral im Stadtbezirk, für den Stadtbezirk ausführen zu können. Das stärkt die Bezirke und das sollte unser aller Ziel sein.

Ganz zum Schluss wünsche ich uns allen gute und erfolgreiche Haushaltsberatungen und denken Sie, wenn Sie heute heimgehen schon mal darüber nach ob es nicht sympathisch wäre, wenn Sie auf dem Weg vom oder ins Rathaus vom Äffle zum Stehen und vom Pferdle zum Gehen aufgefordert werden würden.
In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und einen schönen restlichen Abend.

Alle Haushaltsanträge der FDP-Gruppe im Gemeinderat finden Sie hier