1000 mal diskutiert – und 1000 mal ist nichts passiert

Seit 20 Jahren ist klar, dass die Oper saniert werden muss. Seit 20 Jahren fehlt der Politik der Mut, dieses Projekt endlich anzugehen. Seit 20 Jahren schiebt die Landeshauptstadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg eine immer größer werdende Bugwelle vor sich her, die inzwischen 550 Millionen Euro schwer ist – rechnet man mit einem großzügigen Risikopuffer von 30 % plus Preissteigerungen könnte das Projekt nach Abschluss sogar 1 Milliarde Euro gekostet haben.

Stadträtin Sibel Yüksel und Stadtrat Eric Neumann

Und nun – nach 20 Jahren – greifen wieder die gleichen politischen Reflexe, die bisher dazu geführt haben, dass nichts getan wurde. Es geht um diese eine Milliarde und nicht mehr um das Konzept. Es mag populär sein über die immense Summe zu poltern und Verschwendung zu unterstellen. Bei der Frage nach der Alternative kommen die größten Polterer jedoch ins Stocken: Nichts zu tun bedeutet den Verfall.  Günstiger zu planen wäre, wenn überhaupt, am Kulissengebäude denkbar – mit der Konsequenz einen unsagbar unansehnlichen Bau durch einen neuen unsagbar unansehnlichen Bau zu ersetzen. Kein Interim bedeutet kein Spielbetrieb über viele Jahre hinweg.

Oder aber man betrachtet diese eine Milliarde Euro als Investition in eine Stadt, die schon sehr bald mehr bieten muss, als gut bezahlte Arbeitsplätze in einer Industrie, deren Zukunft völlig ungewiss ist. Wir betrachten sie als Investition in ein Projekt, das weit mehr entstehen lässt, als „nur“ eine sanierte Oper: eine Kulturinstitution mit Aufenthaltsqualität – auch außerhalb der Aufführungen; eine „Maker-City“ für Kreative und Start-Ups, die später aus den Interimsbauten entstehen soll – kurzum: ein echte Chance für die Stadt, für die Region und das Land.

Hier noch der Faktencheck zu den 4 häufigsten „Fake-News“ zum Thema Oper:

1.) Der Neubau einer Oper wäre günstiger: Falsch. Da auch bei einem Neubau der Oper der historische Littmannbau weiterhin saniert werden müsste, wäre hier nichts gespart. In einer intensiven Untersuchung dieses Szenarios kam man auf mögliche Gesamtkosten von bis zu 1,4 Milliarden Euro.

2.) Das ist alles nur deshalb so teuer, weil die Künstler extravagante Wünsche haben: Falsch. Der größte Teil der Projektkosten haben nichts mit dem künstlerischen Betrieb an sich zu tun, sondern müssen für Brandschutz, Barrierefreiheit, Arbeitsstättenverordnung, Logistik etc. investiert werden.

3.) Wenn man auf die Kreuzbühne verzichtet, kann man viel Geld sparen: Falsch. Die gesamte Bühnentechnik muss ohnehin saniert werden. Die Kostenspanne für die Kreuzbühne liegt zwischen 20-26 Millionen Euro, was ungefähr 5% der Gesamtprojektkosten entspricht. Durch eine Kreuzbühne und dem damit schneller möglichen Kulissenumbau könnte z.B. die Anzahl der Balletaufführungen erhöht werden. Hier ist die Nachfrage bekanntermaßen immer größer als das Angebot.

4.) Das Land muss die Oper mitfinanzieren, obwohl nur die Stuttgarter etwas davon haben: Falsch. 60% der Opernbesucher kommen NICHT aus Stuttgart, sondern aus der Region, dem Land, dem Bundesgebiet und dem Ausland.

Eric Neumann, Stadtrat und Sprecher der AG Kultur